Auch eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig.
Charles Dickens

Die moderne Kieferorthopädie und Zahnheilkunde bezieht aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Forschung die Stellung der Kopfgelenke in ihre Strategie zur Biss- und Kieferkorrektur mit ein.

Die Nackenmuskulatur, die Kaumuskulatur sowie die Kehlkopffunktionen – wie das Schlucken und Sprechen – müssen gut koordiniert zusammenarbeiten, um eine harmonische Bewegungsführung zu gewährleisten. Die neuroanatomischen Verbindungen zwischen der Kieferregion und der oberen Halswirbelsäule (HWS) sind sowohl anatomisch als auch funktionell komplex. Störungen in einem dieser Bereiche können weitreichende Auswirkungen auf die anderen haben.

Eine Blockade oder Dysfunktion in der oberen HWS kann erheblich zur Entstehung und/oder Verschärfung einer cranio-mandibulären Dysfunktion (CMD) beitragen.
Mechanismen und Zusammenhänge der Interaktion
1. Neuroanatomische Verbindungen
Die oberen Halswirbel (insbesondere C1 bis C3) sind eng mit den Nerven verbunden, die das Kiefergelenk innervieren, insbesondere mit dem Trigeminusnerv (V. Hirnnerv). Eine Blockade in der oberen HWS kann die Afferenzen (sensorischen Informationen) an das zentrale Nervensystem beeinflussen, was zu gestörten Informationen über die Körperhaltung und die Bewegungen des Kiefers führt.
2. Muskelverspannungen und -ungleichgewichte 
Die Muskeln im Nacken und Kiefer weisen oft funktionelle Überschneidungen auf. Eine Blockade in der oberen HWS kann zu Verspannungen der Muskulatur führen, die für die Stabilität und Bewegung des Kiefergelenks verantwortlich ist. Diese Verspannungen können die Kaumuskulatur überlasten und so CMD-Symptome hervorrufen. Umgekehrt kann eine Überlastung des Kauapparates zu asymmetrischen Muskelverspannungen im Nacken führen.
3. Propriozeption und Bewegungskoordination 
Eine Blockade in der HWS kann die propriozeptive Rückmeldung beeinträchtigen, die für die korrekte Positionierung und Bewegung des Unterkiefers erforderlich ist. Diese Störung kann zu veränderten Kieferbewegungen führen und dadurch die Wahrscheinlichkeit einer cranio-mandibulären Dysfunktion erhöhen.
4. Schmerzsyndrome
Blockaden in der HWS können lokale Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich verursachen, die in die Kiefer- und Gesichtsregionen ausstrahlen. Umgekehrt können Schmerzen aus dem Kieferbereich oder von den Zähnen (zum Beispiel bei einer Zahnwurzelentzündung) in den Nacken ausstrahlen.
5. Psychische Faktoren 
Tief verwurzelte emotionale Anspannungen, die archetypisch mit Flucht, Angriff oder Verteidigung verbunden sind, spiegeln sich deutlich in Gesicht, Kiefer und Nacken wider. Diese körpersprachlichen und energetischen Spannungsmuster werden allerdings auch auf subtiler Ebene durch emotionalen Stress, Ängste, Depressionen und unterdrückten Gefühlen hervorgerufen. Dies führt häufig zu einer Anspannung im Kiefer (wie Zähnepressen oder -knirschen) sowie zu Verspannungen der Nackenmuskulatur. Asymmetrien in der Stellung der HWS oder des Kauapparates werden durch diese Spannungsmuster negativ belastet.

Fazit
Eine Blockade in der oberen HWS kann auf multifaktorielle Weise zur Entstehung einer cranio-mandibulären Dysfunktion (CMD) beitragen. Um eine CMD effektiv zu behandeln, ist es daher wichtig, auch die Funktionalität der oberen HWS in die Behandlungsstrategie einzubeziehen. 
Durch eine Korrektur des oberen Kopfgelenks, wie beispielsweise mittels Atlas-Therapie, kann innerhalb kurzer Zeit eine symmetrische und lotgerechte Stellung des Kopfes erzielt werden. Dies minimiert die negativen Einflüsse des Nackens auf den Kiefer und erleichtert die Behandlung von CMD erheblich. 
Eine CMD-Behandlung ist in der Regel komplex, aufwändig und kann über Monate oder sogar Jahre dauern. Daher ist es sinnvoll, negative Zugkräfte auf den Kiefer zu eliminieren, um die Situation zu verbessern. Dies ermöglicht eine präzisere Einschätzung von Fehlbisssituationen und erleichtert die Durchführung entsprechender Basiskorrekturen.